Nächstenliebe

Veröffentlicht am 23. Dezember 2023 um 09:00

Vor ein paar Jahren arbeitete ich noch im Einzelhandel. Wir hatten wie fast jeder Laden auch Heiligabend und Silvester geöffnet. Jeder Mitarbeiter musste entweder an Heiligabend oder Silvester arbeiten. Ich war Abteilungsleiterin, konnte mir also glücklicherweise aussuchen an welchen der beiden Tage ich arbeiten möchte. Ich hatte einmal Silvester gearbeitet und das war schrecklich. Da also am 24.12. deutlich weniger los war und der Laden kürzer offen hatte, wählte ich den Heiligabend. Ich hatte Frühschicht und musste 5:30 Uhr anfangen. Die Stadt ist ja sowieso schon fast tot um die Uhrzeit und gerade am 24.12. ist keiner unterwegs. Ich war komplett allein in der Straßenbahn, es war ruhig und ich hab es genossen. Als ich ausstieg und noch ein Stück laufen musste, weil die Bahn nicht wie üblich bis kurz vor meine Arbeitsstelle fuhr, entdeckte ich leider etwas sehr Unschönes. Da lag ein Mann. Er hatte sich schlafen gelegt, geschützt unter einem Dach. Es waren Minusgrade, Schnee fiel vom Himmel. Er war obdachlos. Dieser Anblick machte mich sehr traurig. Ich konnte ihm leider nicht wirklich helfen und musste außerdem zur Arbeit. Doch dann fiel mir ein, dass ich zwei Marmeladenbrote im Rucksack hatte. Ich holte sie heraus und stupste ihn leicht an. Er erschrak, doch ich lächelte ihn an, gab ihm die Brote und wünschte ihm frohe Weihnachten. Ich sehe noch heute diesen müden und doch frohen Blick von ihm. Das war eines der schönsten Erlebnisse, die ich je zu Weihnachten hatte

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